Herr Siegel dreht vor!

Nein, andächtig still ist es in der Metallwerkstatt von Uwe Siegel in A032 nicht.

Die Schülerinnen und Schüler der GOM20V des Berufliches Gymnasiums stehen um eine zum Unterrichtstisch umfunktionierte Werkbank herum und diskutieren ihre heutige Aufgabenstellung, die für einen Laien kaum verständlich erscheint.

„Wir sollen aus einem Aluminiumrundstück ein Prisma fräsen“, erklärt Darius und legt zwei Vorlagenstücke zur Ansicht auf die Werkbank. „Dabei soll eine möglichst große Auflagenfläche erreicht werden. Das Prisma hält nachher das zu drehende Werkstück an seinem Platz.“

Mathematik in der Anwendung. Taschenrechner im Einsatz, Zeichnungen werden verglichen. „Oleg, denk dran die richtige Einheit einzusetzen“, warnt Werkstattlehrer Uwe Siegel mit Blick auf Olegs Berechnung. „Dat wird sonst nix, Jung.“ Oleg nickt und versucht es ein zweites Mal.

Schließlich ist Uwe Siegel zufrieden und wechselt mit den Schülerinnen und Schülern an die Drehmaschine. Hinweise zur Arbeitssicherheit folgen. Ohne Schutzbrille darf niemand auch nur in die Nähe der Maschine. Selbst die Zugbänder an den Hoodies der Schüler werden abgezogen oder unsichtbar ins Hemd gesteckt. Dann geht es los.

„Das ist Handwerkskunst, meine Damen und Herren“, stellt Herr Siegel fest, richtet die Maschine ein und macht vor, wie das Aluminiumrundstück eingelegt und bearbeitet wird. Alles sieht einfach aus, die raue Oberseite verwandelt sich gleichmäßig in eine hell schimmernde, spiegelglatte Fläche.

Nun ist es doch still geworden. „Das sieht bei Ihnen total einfach aus“, bemerkt Jonas staunend. „Ich vermute mal, dass es genau das NICHT ist.“

Genau das aber sollen die Schülerinnen und Schüler lernen und erfahren. Die Grundlagentechniken sollen nicht nur blind den digital gesteuerten Maschinen überlassen werden, sondern die Schülerinnen und Schüler sollen das Handwerk erfahren, das in den Ergebnissen steckt. Auch wenn sie später Maschinenbautechnik studieren, werden es diese Erfahrungen sein, die sie aus ihrer Schulzeit mitnehmen. Respekt vor dem Handwerk und dem Ergebnis des handwerklichen Könnens. Das erfahren die Schülerinnen und Schüler im Werkstattunterricht bei Uwe Siegel. Da wird der normale Deutschlehrer fast ein bisschen neidisch.